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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2014 84)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2014 84: Verwaltungsgericht

Die Anwaltskommission entschied im Oktober 2014, dass Rechtsanwälte verpflichtet sind, ihre Kanzlei sorgfältig zu führen und erreichbar zu sein. Eine Anwältin wurde gerügt, weil sie nicht erreichbar war und wichtige Post nicht erhalten hatte. Diese Pflichtverletzung gefährdete das Vertrauen in die Anwaltschaft. Die Anwältin konnte sich nicht auf Krankheit als Entschuldigung berufen, da sie die Behörden darüber informieren und für eine Vertretung sorgen hätte müssen. Der Richter in diesem Fall war männlich.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2014 84

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2014 84
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2014 84 vom 16.10.2014 (AG)
Datum:16.10.2014
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:84 Art. 12 lit. a BGFAZu den allgemeinen und vom Gebot einer sorgfältigen und gewissenhaften Berufsausübung erfassten Pflichten gehört auch die Pflicht zur Führung einer Kanzlei. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind namentlich verpflichtet, die für die Berufsausübung erforderlichen sachlichen,personellen...
Schlagwörter: Beruf; Anwalt; Anwalts; Berufsausübung; Pflicht; Anwältin; Behörden; Bezirksgericht; Klient; Telefon; Gebot; Gerichte; Mitteilung; Fellmann; Kommentar; Anwaltsrecht; Pflichten; Kanzlei; Rechtsanwälte; Voraussetzungen; Erreichbarkeit
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:130 II 270;
Kommentar:
Walter Fellmann, Gaudenz G. Zindel, Kommentar zum Anwaltsgesetz, Art. 12, 2011

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2014 84

2014 Anwaltsrecht 411

84 Art. 12 lit. a BGFA
Zu den allgemeinen und vom Gebot einer sorgfältigen und gewissenhaf-
ten Berufsausübung erfassten Pflichten gehört auch die Pflicht zur Füh-
rung einer Kanzlei. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind nament-
lich verpflichtet, die für die Berufsausübung erforderlichen sachlichen,
personellen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen. Rechts-
anwältinnen und Rechtsanwälte haben jedenfalls die Erreichbarkeit für
Klientschaft, Gerichte und Behörden sicherzustellen. Sie müssen sich so
organisieren, dass Telefonanrufe und sonstige Mitteilungen innert an-
gemessener Frist beantwortet werden können.
Entscheid der Anwaltskommission vom 16. Oktober 2014 (AVV.2014.22).

1.
[...] Mit Mitteilung vom 5. März 2014 teilte die beanzeigte An-
wältin dem Bezirksgericht die Vertretung einer Prozesspartei mit. Im
Anschluss habe das Bezirksgericht zwei Schreiben an die beanzeigte
Anwältin geschickt. Diese seien mit dem Vermerk "Empfänger
konnte unter angegebener Adresse nicht ermittelt werden" von der
Post zurückgeschickt worden. Bei ihren Briefen hätten sie die von
2014 Anwaltskommission 412

der beanzeigten Anwältin in ihrer Rechtsschrift angegebene Adresse
verwendet. Telefonisch sei die beanzeigte Anwältin nicht zu errei-
chen gewesen. Eine Reaktion auf die E-Mail-Nachricht des Anzei-
gers sei nicht erfolgt. [...]

[...]
2.
2.1.
Gemäss der Generalklausel in Art. 12 lit. a BGFA haben Anwäl-
tinnen und Anwälte "ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft" auszu-
üben. Dieses Gebot der sorgfältigen und gewissenhaften Berufsaus-
übung erstreckt sich auf die gesamte Berufstätigkeit (BGE 130 II 270
E. 3.2). Die Berufsregel von Art. 12 lit. a BGFA will letztlich im
Interesse des rechtsuchenden Publikums und des Rechtsstaates die
getreue und sorgfältige Ausführung von Anwaltsmandaten sicherstel-
len (Walter Fellmann in: Walter Fellmann / Gaudenz G. Zindel
[Hrsg.], Kommentar zum Anwaltsgesetz, 2. Auflage, Zürich 2011,
N 9 zu Art. 12 [zit. Name, BGFA-Kommentar]). Die in Art. 12 lit. a
BGFA statuierte Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Berufs-
ausübung ist weit auszulegen. Sie bezieht sich nicht nur auf die
Beziehung zwischen Anwalt und Klient, sondern auch auf das Ver-
halten des Anwalts gegenüber den Behörden, der Gegenpartei und
der Öffentlichkeit (BGE 2A.499/2006 vom 11. Juni 2007, E. 2.1).
2.2.
Zu den allgemeinen und vom Gebot einer sorgfältigen und ge-
wissenhaften Berufsausübung erfassten Pflichten gehört auch die
Pflicht zur Führung einer Kanzlei. Der Rechtsanwalt ist namentlich
verpflichtet, die für seine Berufsausübung erforderlichen sachlichen,
personellen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen.
Auch wenn der Anwalt grundsätzlich selbst bestimmt, welche Mittel
für seine individuelle Art der Berufsausübung erforderlich sind, so
hat er jedenfalls die Erreichbarkeit für Klientschaft, Gerichte und Be-
hörden sicherzustellen. Er muss sich so organisieren, dass er Telefon-
2014 Anwaltsrecht 413

anrufe und sonstige Mitteilungen innert angemessener Frist
beantworten kann (vgl. Fellmann, BGFA-Kommentar, a.a.O., N 17
ff. zu Art. 12).
[...]
3.3
Die Korrespondenz des Bezirksgerichts und allfälliger anderer
Behörden, konnte der beanzeigten Anwältin während drei Wochen
nicht zugestellt werden. Weiter war sie auch telefonisch und per E-
Mail nicht erreichbar. Die beanzeigte Anwältin bringt vor, dass sie an
einer Krankheit litt. Wenn dem so war, und davon ist auszugehen
[...], so hätte sie das Bezirksgericht und andere Gerichte sowie
Behörden zwingend darüber in Kenntnis setzen müssen. Allenfalls
hätte sie sich um eine Vertretung bemühen müssen. [...] Der Um-
stand, dass die Post angeblich hätte umgeleitet werden müssen, dies
aber offenbar nicht funktioniert habe, vermag sie im Hinblick auf
den Klientenschutz und Gewährleistung eines ordnungsgemäss funk-
tionierenden Rechtsstaates nicht zu entlasten. Denn sie war nicht nur
nichtper Post, sondern auch nicht per Telefon und E-Mail erreichbar.
Ein solches Verhalten gefährdet das Vertrauen in die Person des An-
waltes in die Anwaltschaft massiv, weshalb die Pflicht zur sorg-
fältigen und gewissenhaften Berufsausübung gemäss Art. 12 lit. a
BGFA verletzt wurde.
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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